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Gekauft wie gesehen

Neulich bin ich mal wieder umgezogen. Zum 31. Mal übrigens.
Aber diesmal war einiges so, wie noch nie, weshalb es sich lohnt, es zu berichten.

Und das kam so: 

Mit dem Vermieter unseres Hauses in Bremen sind wir ja schon länger nicht mehr zufrieden gewesen, wenngleich er immer mal wieder die gegenseitige „Freundschaft“ betonte. Notwendige Instandsetzungsmaßnahmen wurden nicht ausgeführt, wenn wir sie dann erledigten, weil es dringend notwendig wurde, gab es – auch auf Nachfrage – keinen finanziellen Ausgleich für die eingesetzte Arbeitszeit, lediglich ein vager Hinweis, er käme dann mal mit ein paar Würstchen vorbei und wir würfen den Grill an. Vermietung nach Gutsherrenart.

Dann war und ist das Haus ja total mies isoliert und damit verbunden die Energiekosten enorm hoch. Dann wurde die Miete erhöht. Und eigentlich waren Haus und Garten ohnehin viel zu groß für uns.

Im Frühjahr bekam die Angelegenheit einen neuen Impuls. Die Eltern meiner Liebsten schlugen vor, ein Haus zu kaufen und an uns zu vermieten.

Im Oktober war es dann so weit. Ein Haus in Delmenhorst war gefunden.

Daraufhin haben wir den Mietvertrag in Bremen gekündigt. Dem Vermieter haben wir mitgeteilt, dass wir ihm hülfen, einen Nachmieter zu finden oder alternativ einen Käufer, falls er sich zum Verkauf entscheiden sollte. Letzteres nicht ganz ohne Hintergedanken, denn in der Nachbarschaft hatte eine junge Familie Zettel aufgehängt, dass sie dringend nach einem Haus mit Garten suchten und bereit wären, eine Belohnung zu zahlen.

Ein paar Tage später hat er sich entschieden, zu verkaufen und kam zu einer Besichtigung mit einem Makler zwecks Wertschätzung. Dieser entdeckte sofort die mangelhafte Dämmung und auch den offensichtlich nicht genehmigten Einbau einer Gaube. Als er den Preis hörte, den der Eigentümer anpeilte, rollte er unübersehbar mit den Augen.

Parallel zum Makler haben wir den Kontakt zwischen der „jungen Familie“ und unserem Vermieter hergestellt. Die Verhandlungen zogen sich über ein paar Tage hin, denn der geforderte Preis war so überhaupt nicht im Einklang mit der Vorstellung der Käufer. Da aber die junge Familie das Haus unbedingt wollte und offensichtlich auch das nötige Kleingeld locker machen konnte, musste sich der Verkäufer kaum bewegen. Anfang Dezember wurde der Vertrag unterzeichnet und der Verkaufstermin auf den Jahreswechsel festgelegt, wovon unser Vermieter uns telefonisch informierte. Womit auch feststand, dass wir für den letzten Monat einen neuen Vermieter bekommen würden.

Und dann wurde es etwas sonderbar.

Es begann damit, dass wir den Noch-Vermieter fragten, ob er uns den Kristallspiegel aus dem Hausflur verkaufen könne, der laut Mietvertrags-Anhang zum Inventar des Hauses gehörte. Er antwortete, dass der Käufer zum Zeitpunkt unseres Auszug Ende Januar ja bereits Eigentümer sein werde und dass er das Haus „wie gesehen“ verkauft habe und dass wir dies, sowie alles Weitere, doch bitte mit dem Käufer besprechen sollten.

Gesagt, getan. Nur war der Käufer plötzlich nicht mehr zu erreichen. Und wir hatten ja neben der Frage nach dem Spiegel den weiteren Grund für ein Gespräch, was die versprochene Belohnung anging. Das war verdächtig. Wollte er uns um die Belohnung prellen? Und dann war der Name des Käufers, den uns der Vermieter genannt hatte, nicht der, der auf den Zetteln gestanden hatte. Die Internet-Suche nach dem tatsächlichen Namen des Käufers ergab einen Autohändler, der auch mit einer Immobilien-GmbH & Co. KG am Start ist. Hatte der sich einen Strohmann gesucht und wollte am Ende das Haus abreißen und ein großes Mietshaus auf das Grundstück setzen? Das konnte uns ja im Prinzip egal sein, aber mysteriös war das Nicht-Beantworten unserer Anrufe schon. Zumal dort jemand ans Telefon ging, wenn mit einer anderen Nummer als unserer angerufen wurde.

Dummerweise habe ich diesen Verdacht dem Noch-Vermieter und Verkäufer gegenüber geäußert – „Weißt Du eigentlich, mit wem Du Dich da eingelassen hast?“

Letztlich hat sich das aber aufgeklärt: nachdem ich versucht habe, den Käufer unter seiner Firmen-Mail zu erreichen, hat er telefonisch geantwortet und wir haben einen Termin vereinbart.

Er hat dann dort erklärt, warum er den Geburtsnamen seiner Frau für die Zettel-Anzeige verwendet hatte und die Tage des Schweigens waren ebenfalls zu verstehen unter dem Gesichtspunkt, dass der Verkäufer ihm neben dem hohen Kaufpreis auch noch die Provision für den Makler (ja, der, der tatsächlich außer der Kostenschätzung nichts getan hatte) aufzudrücken versuchte. Und dass er eben deshalb überlegen musste ob und wie er unsere Belohnung etwas herunterhandeln könne.

Wir haben uns relativ schnell geeinigt: auf die Höhe der Belohnung; darauf, dass wir ihm im Januar keine Miete zahlen müssen sowie auf die Überlassung des Spiegels; und haben einen Übergabetermin für den 30. Januar verabredet.

Einen Tag später habe ich diese Fakten unserem Noch-Vermieter schriftlich mitgeteilt. Mit der anhängenden Nebenkostenabrechnung für 2021 (die ich nebenbei über die gesamte Dauer der Mietzeit – und zwar unentgeltlich – für ihn erledigt hatte). Und dem Hinweis, dass wir für Januar keine Miete mehr an ihn zahlen werden – ausgehend vom Eigentumsübergang zum Jahreswechsel. Und mit der Bitte, uns die Mietkautionsbücher möglichst bald zurückzugeben.

Nun ist der Gute ausgeklinkt. Wie ich darauf käme, dass nicht er die Abnahme vornähme. Und dass er sich vorbehalte, ob überhaupt und wann er die Mietkaution zurückzahlen werde, da müsse er doch noch vorher die Immobilie ganz genau in Augenschein nehmen. Und dass er selbstverständlich verlange, dass wir die volle Miete für den Januar an ihn zahlen. Und, dass er uns generell untersagt, mit dem neuen Eigentümer zu kommunizieren.

Weder mein Hinweis auf die fraglichen §§ im BGB noch der Versuch, ihm mit einem weiteren Brief deutlich zu machen, dass wir ihm seinen Mietanteil selbstverständlich zahlen werden, wenn sich der Eigentumsübergang über den 31.12. hinaus verzögern sollte, haben ihn besänftigt.

Wüste Beschimpfungen musste ich mir anhören: ich sei geldgierig, übergriffig, verleumderisch und er sei menschlich zutiefst von mir enttäuscht.

Warum eigentlich?

Eine Idee haben wir: neben der Tatsache, dass wir tatsächlich nichts mehr mit ihm und alles mit dem neuen Eigentümer besprochen hatten, könnte der Grund sein, dass wir diesem deutlich gemacht hatten, dass neben den zahlreichen Gegenständen, die die Inventarliste neben dem Kristallspiegel aufführt und die wir vertragsgemäß im Haus lassen werden, noch geschätzte 10 Kubikmeter Schrott in Keller, Garten und Gartenhaus befindlich sind, für deren Entsorgung nicht wir, sondern der Verkäufer zu sorgen hat. „Gekauft wie gesehen“. Haha.

Selbstverständlich ist die Abnahme des Hauses und die Übergabe der Schlüssel an den neuen Eigentümer wie geplant erfolgt. Die Rückgabe der Mietkaution erfolgte nicht an uns, sondern an den neuen Eigentümer, allerdings mit einer weiteren Verzögerung. Tatsächlich hat sich auch der Eigentumsübergang verzögert aber der Maestro war wohl zu feige, den Mietanteil von uns zu kassieren. Den musste der neue Eigentümer ihm zahlen, um sich ihn dann von uns zurückzuholen.

Rip Off

Wie ich neulich doch tatsächlich mal im Internet reingelegt worden bin

Ja, das war auch eigene Dusseligkeit
Und das kam so.

Da hatte ich mir vor fast zehn Jahren ein paar Schuhe in Amsterdam gekauft, spanisches Leder, super bequem, sehr leicht und schick … kurzum, wenn es nicht gerade in Strömen regnete oder knöchelhoher Schnee lag, hab‘ ich die Dinger ständig getragen. Kein großer Verschleiss und bei halbwegs regelmässiger Pflege waren und sind die Gebrauchsspuren auch nach so langer Zeit akzeptabel und es mußte kein Schuhmacher je kontaktiert werden.
Und dann kam ich auf die Idee, mir – gewissermaßen zur Sicherheit – ein zweites Paar zuzulegen.
Da ich nun nicht ständig in Amsterdam zu tun habe und es ja durchaus auch die Möglichkeit geben sollte, diese Schuhe hier in Bremen kaufen zu können, habe ich zuerst danach recherchiert … leider Fehlanzeige.

Aber wozu gibt es denn das Internet, doch nicht nur zum Suchen, sondern auch zum Finden. War erst mal auch nichts, entweder nicht in der richtigen Farbe oder nicht in meiner Größe. Es war wie verhext. Dann endlich hab‘ ich sie nach ein paar Tagen doch gefunden. Passte alles, auch der Preis (war sogar günstiger als damals im Shop). Also bestellt und mit Kreditkarte bezahlt. Eine kleine Irritation kam auf, als es keine direkte Bestätigungsmail gab, aber das war dann bald wieder aus dem Blickpunkt geraten.

Fünf Wochen später ist ein Brief im Postkasten von der Zollübergabestelle der Deutschen Post. Da wäre ein Paket für mich angekommen. Der Aufkleber des Pakets lag in Kopie bei und tatsächlich, der Inhalt waren wohl die bestellten Schuhe. Aus China. Und eben unverzollt. Und ein Schreiben vom Zoll mit dem Inhalt, dass ich mir das Paket gegen Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von nochmal 19% im Hafen abholen könne. Es könne mir jedoch auch zugestellt werden, per Nachnahme gegen zusätzliche Entrichtung einer Gebühr, versteht sich.

Erst mal hab‘ ich den Webshop aufgerufen um zu sehen, ob da was von unverzollter Lieferung aus China zu finden war. Es gab tatsächlich eine Seite, wo ich so etwas wie den Eingang meiner Bestellung fand, alles auf Deutsch und nichts von irgendwelchen Zusatzkosten geschweige denn von Versand aus dem Ausland. Und im dort angegebenen Preis war die (deutsche) Mehrwertsteuer bereits enthalten und ausgewiesen.

Jetzt wollte ich wissen, ob denn die Kreditkarte bereits belastet worden war. Auf dem Kontoauszug im Internet war tatsächlich eine Abbuchung zu sehen. Welche Verwunderung aber: das war nicht der im WebShop ausgewiesene Preis, sondern einer in Yuan und zwar zu einem Umrechnungskurs, der einen deutlich höheren Euro-Betrag ergab als der im Shop genannte. Und Gebühren für eine Auslandszahlung wurden vom Geldinstitut auch noch in Rechnung gestellt.

Jetzt reichte es mir. Erst mal beim Zollamt angerufen und gefragt, ob ich die Annahme verweigern könne. Klar. Dann bei der Bank, was ich machen müsse, um die Abbuchung zu stornieren. Jede Menge Kopien, Scans und Screenshots. Begleitschreiben. Ab dafür.
Dann galt es noch, herauszufinden, wer dieses Geschäft denn betreibt. Hätte ich mir eigentlich schon gedacht: ein Impressum oder gar die AGB waren auf der Seite des WebShop nicht zu finden.
Wie dusselig war das denn? Danach sollte man doch schauen, bevor man ein Geschäft eingeht.

Aber wenigstens liess sich über die DENIC herausfinden, wer die fragliche Internet-Domain, auf der der Shop läuft, registriert hat. Eine Frau aus Wuppertal-Elberfeld. An der angegebenen Telefonnummer ging allerdings niemand dran. Weder auf eine Mail an die bei DENIC angegebene Adresse noch auf eine Anfrage, die ich im Kontaktformular des Web Shops geschrieben hatte, gab es eine Antwort.
Also am nächsten Morgen mit dem ganzen Papierkram zum örtlichen Polizeirevier und Anzeige wegen Betrugs erstattet. Der Uniformierte grinste sich einen und meinte, große Hoffnung, dass das was werde, solle ich mir nicht machen und dauern würde das sowieso.

Zwei Monate später ruft die ermittelnde KHK mich an und bittet darum, dass ich der Bank gestatte, der KHK in dieser Sache Auskunft zu erteilen. Logisch. Mach ich. Geht ja was voran. Erfreulich.

Einen weiteren Monat später kommt ein Brief von der Bank, dass sie mir lediglich die Differenz zwischen dem Originalbetrag und dem Umrechnungskurs erstatten. Das Geschäft sei als solches ordnungsgemäss zustande gekommen und auch die Tatsache, dass ich nachweisbar die Ware nicht erhalten habe, sei nicht ihr, sondern mein Problem. Ich müsse mir das vom Shopbetreiber erstatten lassen.
Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie, was der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ lässt der große Bertolt Brecht den Jeremiah Peachum in der Dreigroschenoper fragen. Wie berechtigt.

Weitere vier Monate gehen ins Land.
Dann kommt ein Brief von der Staatsanwaltschaft: Ermittlungsverfahren nach §170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Ermittlungen bieten nicht genügend Anlass zur öffentlichen Klage. Die fragliche Dame ist und war niemals in Wuppertal ansässig. Ein anderer Täter liess sich nicht ermitteln. Zwei Wochen hätte ich Zeit, dagegen Beschwerde einzulegen.

Erst mal hab‘ ich per Mail an die DENIC geschrieben und nachgefragt, ob das denn nicht gängige Praxis sei, sich bei der Registrierung einer Domain als existierende Person zu authentifizieren. Mit einer sehr netten Antwort erklärt mir der dortige Mitarbeiter, dass die DENIC das ja nicht selbst betreibe sondern die „.de“ Domains nur verwalte; die Registrierung geschehe durch Firmen, die als Registrar tätig seien, das seien meist irgendwelche Internet Provider und auf deren Geschäftsgebaren habe man wenig Einfluss. Die DENIC würde nur tätig, wenn ein begründeter Verdacht vorliege. Hier sei das offensichtlich so und er bat mich, ihm den Vorgang zukommen zu lassen. Außerdem gab er mir den Tipp, wie ich noch etwas weiterkommen könne, nämlich statt über die Domain nach der IP Adresse zu suchen, unter der die fragliche Domain erreicht wird.

Gesagt, getan. Die IP gehört zu einem Block, der von der niederländischen Firma RIPE verwaltet wird und auf deren Seite gibt es ein Tool, das die Mailadresse von demjenigen zeigt, der diese IP nutzt. Nur noch eine weitere Suche nach der Domain, wo diese Adresse beheimatet ist und ich lande auf einer eher mysteriösen Seite einer Firma in Istanbul, weitere Recherchen ergeben den Namen und Adresse des Inhabers.

Jetzt hab ich mich gefragt, wenn ich das innerhalb weniger Minuten rausbekomme, dann müsse doch die Polizei das auch schaffen und habe der ermittelnden KHK eine Mail geschickt mit meinen neuen Erkenntnissen und der zusätzlichen Frage, was denn die Auskunft von meiner Bank ergeben habe.
Tatsächlich hat sie einen Tag später geantwortet: zu meinen Recherchen bis nach Istanbul, das müsse sie an die IT Abteilung weitergeben, da kenne sie sich überhaupt nicht aus. Oha. Eine Polizistin ermittelt in einem Betrugsfall, der sich im Internet abspielt und sie bekennt, dass sie sich dort nicht auskennt. Puh. Und darf sie das überhaupt weitergeben, wo doch das Ermittlungsverfahren offiziell eingestellt ist? Hoffentlich bringe ich sie da nicht in Schwierigkeiten?
Und zu der Frage nach ihren Nachforschungen bei meiner Bank schreibt sie tatsächlich, sie hätte dort überhaupt nicht nachgefragt, denn die Tatsache, dass der Betrag in Yuan abgebucht worden sei, weise ja wohl auf ein Institut in China und da gäbe es eben die Frage der Verfahrensökonomie, aus der heraus bei diesem Sachverhalt nicht mehr zu ermitteln sei.

Ich frage mich gerade, ab welcher Schadens-Summe wohl weitere Ermittlungen stattgefunden hätten. Andererseits gibt es tatsächlich Erfahrungswerte in der mangelnden Bereitschaft der Behörden in der Türkei, deutsche Ermittlungen zu unterstützen. In einer meiner letzten Verhandlungen als Schöffe der Großen Strafkammer waren zwei Türken angeklagt, die bei folgendem Trickbetrug mitgespielt hatten: vorzugsweise ältere Menschen werden angerufen dabei erscheint im Display des Angerufenen die (gespoofte) Nummer 110. Der Anrufer stellt sich vor als Polizist oder als Staatsanwalt und erzählt etwas von einer Diebesbande, die sich in der Gegend, wo der Angerufene wohnt, herumtreibe und um vor vermeidlichem Diebstahl zu schützen würde gleich ein Kollege vorbeikommen, dem doch bitte das gesamte Bargeld und der Schmuck sicherheitshalber auszuhändigen sei. Wer da nicht sofort auflegt, wird in perfidester Weise ständig weiter angerufen und unter Druck gesetzt. Unglaublich, dass es gelingt, damit sogar sechsstellige Beträge abzuzocken. Das Ganze wird gesteuert aus einem Callcenter – in unserem Fall in Izmir. Den Anrufern, die in Deutschland angeheuert werden, wird ein schöner Urlaub mit einem Nebenverdienst versprochen. Die Abholer werden von Job zu Job spontan mit einem kleinen Anteil der Beute geködert. Und trotz mehrfacher Ersuchen hat die Polizei in Izmir den hiesigen Ermittlungsbehörden nicht geholfen, etwa um das Callcenter räumlich zu lokalisieren. Fazit war: die beiden Handlanger – ein Abholer und ein Anrufer – wurden verurteilt, an die Hintermänner und Auftraggeber in der Türkei kam die Justiz nicht dran.

Ich habe in meiner Angelegenheit allerdings beschlossen, fristgerecht Beschwerde beim Generalstaatsanwalt gegen die Einstellung des Verfahrens einzulegen. Mal sehen, was daraus wird.

Stroke Unit

Nach längerer Abstinenz habe ich mal wieder eine Klinik von innen erlebt.
Und das kam so.

Beim Einkaufen plötzlich ein Gefühl des Schwindels wie bei einer Kreislaufschwäche.
Dazu schlafen Finger der rechten Hand und Zehen des rechten Fußes ein.
Ein Kribbeln überzieht die Kopfhaut und das alles verbunden mit einer leichten Übelkeit.
Nach ein paar Minuten ist alles wieder vorbei. Die Liebste testet meine Reflexe, die alle da sind aber sie schaut besorgt und will mich ins Krankenhaus bringen.

Zu Hause angekommen lasse ich mich von ihr überreden, den Doc anzurufen.
Da er das Wartezimmer voll hat, wird er in etwa einer Stunde zurückrufen.
Und da – während des Wartens auf den Rückruf – kommt schon der zweite Anfall.
„Anfall“, na ja, so schlimm ist es nun auch wieder nicht, ich falle ja nicht um oder habe längerfristige Ausfallserscheinungen … trotzdem empfiehlt der Doc einen Besuch in der Klinik.

Wie schon erwartet, ist die Notaufnahme nicht gerade leer und Warten ist angesagt. Nach etwa einer Stunde bin ich dran – andere müssen noch länger ausharren. Der Arzt in der Notaufnahme meint „Ihre Tochter darf da bleiben.“ Hihi. Das hatten wir noch nicht. Ich bekomme ein Bändchen ums Handgelenk und eine Braunüle in den Handrücken und dann auch gesagt, dass sie mich dabehalten werden. Ein CT und ein EKG werden noch in der Notaufnahme gemacht – beides o.B.

Die Station im 6. OG ist die „Stroke Unit“. Ich komme in ein Zweibettzimmer, in dem auch schon eine Frau liegt, die sich überhaupt nicht rühren kann und Marko, der Pfleger, der mich aufnimmt, meint, dass Freitag Nachmittag der schlechteste Termin für so was sei. Denn die fälligen Untersuchungen würden frühestens am Montag stattfinden können. Ich werde also an die Überwachungsgeräte angeschlossen. EKG, Puls, Sauerstoffsättigung und Temperatur werden ständig gemessen, der Blutdruck einmal pro Stunde. Dann geht es gegen 21:00 aber noch mal auf Reisen und zwar ins MRT. Eine gute Stunde später bin ich wieder „auf Station“ und angeschlossen.

An Schlaf ist nicht zu denken bei der Piepserei. Und dann fängt die Bettnachbarin auch noch an, zu rumoren … was genau sie tut, bleibt mir dank Vorhang zwischen unseren Betten aber verborgen.

Zum Pinkeln und zum Waschen werde ich abgekabelt und darf aufstehen. Frühstück erst gegen halb neun … na ja: Wochenende halt. Lesen. Sudoku. Dösen. Musik hören. Warten auf die Visite. Besuch von der Liebsten. Oberarzt Dr. Schröter kommt gegen Mittag. Er stellt sich selbst, aber nicht seine Assistentin vor. Sein Telefon klingelt und er geht raus. Frau Doktor macht die gängigen Übungen zur Feststellung der Auswirkungen des KIA. Finger zur Nasenspitze. Arme ausstrecken. Beine anwinkeln und leicht heben. Alles kein Problem. Doc Schröter kommt zurüch und fragt nicht etwa, was sie schon gemacht habe sondern macht die gleichen Übungen noch mal. Communication Breakdown. Diagnose: o.B. bei MRT und CT. Eine ganz leichte TIA. Weitere Untersuchungen werden für Montag avisiert. Entlassung frühestens Mitte der Woche.

Mittagessen, Langeweile, Musik hören, Lesen. Abendessen. Kein Fernsehen obwohl es möglich wäre. Bundesligaergebnisse via iPhone und OneFootball. Dann gegen 22:00 Verlegung in ein anderes Zimmer. Ohne Kabel und Schläuche. Das ist schön. Dort ist mit Markus ein weiterer soeben verlegter Patient gerade eingezogen. Wir sind uns einig, dass das Fenster immer offen sein muss und auch sonst scheint er ein netter Typ zu sein. Seine zwei Meter flößen Respekt ein.

Ich warne ihn vor meinen Schnarchattacken und er schläft relativ früh ein. Um halb zwölf hole ich mir eine Pille, weil sich partout keine Müdigkeit einstellt. Tiefer und fester Schlaf bis morgens um sieben. Geweckt wird relativ spät und das Frühstück kommt gegen neun, na ja: Sonntag eben. Frühstück am Tisch. Markus ist auch EDV Fuzzi, Admin aber zur Zeit ohne festen Job. Wir verstehen uns und erzählen Geschichten aus dem Leben.

Keine Visite. Ist ja Sonntag. Die Liebste kommt zu Besuch und wir machen einen kleinen Ausflug nach unten. Ziemlich wackelig noch. Etwas später noch einmal einen Gang und da geht es schon deutlich besser.

Sonntag abend kommt die asiatische Ärztin, die uns nicht vorgestellt worden war und die sich selbst auch nicht vorgestellt hat. Sie fragt, ob wir etwas dagegen hätten, wenn wir verlegt würden. Schon wieder? Jede Nacht in einem anderen Zimmer? Sicher haben wir etwas dagegen und es gelingt uns auch, sie davon zu überzeugen, sich jemand anderen zu suchen, wenn denn Bettenmangel bestünde. Apropos Vorstellung. Kaum eine Schwester oder Pfleger hat sich bei der ersten Begegnung vorgestellt. O tempora o mores.

Montag wird früher geweckt und auch das Frühstück gibt es früher. Markus kommt gleich am Vormittag zur Doppler Untersuchung, dann kann es ja bei mir auch nicht so lange dauern. Kurz nach dem Mittagessen ist Visite. Diesmal hat Dr. Schröter eine Osteuropäerin als Assistentin dabei – wieder stellt er sie nicht vor. Mit Markus führt er ein ausgiebiges Gespräch, mit mir wechselt er nur wenige Worte. Auf meine Frage nach der Entlassung antwortet er, dass die Untersuchungen abgewartet werden müssten. Aber es ist keine Untersuchung in Sicht. Während des Nachmittags gehe ich des Öfteren zum Untersuchungsraum und finde ihn meist leer vor. Schwester Helga – eine der wenigen, die sich vorgestellt hatte – meint, es könne noch bis 17:00 Uhr dauern, bis ich dran käme. Ab 16:00 Uhr ist der Untersuchungsraum leer – auch kein Arzt da. Dann treffe ich kurz vor fünf den Arzt, der die Untersuchung bei Markus gemacht hat und frage nach. Ich sei heute nicht auf der Liste gewesen. Aber morgen. Wann denn ungefähr? Das lasse sich heute noch nicht sagen. Ein kompletter Tag, an dem nichts passiert ist. Mein Unmut wächst.

Dann erscheint die namenlose Ärztin osteuropäischer Provenienz in unserem Zimmer. Sie fragt nicht sondern erklärt uns, dass wir beide noch an diesem Abend verlegt werden. Markus wird zuerst abgeholt, er kommt in die Chirurgie ein Stockwerk unter uns. Alle Versuche, mich auch dorthin verlegen zu lassen, scheitern. Eine Zeitlang sieht es so aus, als ob ich doch nicht umgesiedelt werde. Ein neuer Bettnachbar zieht ein. Er hat einen Harley-Davidson Koffer und breitet sich im Bad so aus, als sei es für ihn allein. Privatpatient? Und dann – gegen 19:00 Uhr – ist es so weit und ich werde „ausgelagert“. In die Urologie. Transport mit dem Taxi. Vierbettzimmer. Stickig dort, aber niemand hat etwas dagegen, dass ich das Fenster aufreisse.

Nächster Morgen. Ich ziehe mich gleich nach dem Waschen komplett an, denn ich gehe davon aus, dass ich nach der Doppler-Untersuchung nach Hause kann. Der Vormittag vergeht und nichts passiert. Ich bitte den Pfleger, mal „drüben“ anzurufen, wann ich denn drankomme. Er kommt zurück und sagt: Um 15:00 Uhr. Super. Fünf Minuten später kommt eine Schwesternschülerin und fragt nach Herrn Schulz und eröffnet dem, dass er um 15:00 zur Doppleruntersuchung drankäme und danach nach Hause entlassen werde. Wir sind beide irritiert. Dem Günther Schulz geht es noch überhaupt nicht gut und er soll entlassen werden und ich bin voll fit und was ist mit mir? Die Schwester erklärt, dass ich heute ein 24h-EKG bekomme und die Doppler Untersuchung erst morgen und dass ich erst am Donnerstag entlassen würde. Genaueres würde mir der Doc erzählen, wenn er zur Visite am Nachmittag vorbeikäme. Könnte es sein, dass da eine Verwechslung vorliegt? Ich bitte den Pfleger, noch mal klärend zu telefonieren aber er bestätigt die Hiobsbotschaft.

Ein Anruf beim Hausarzt bestätigt, dass das 24h-EKG durchaus ambulant bei ihm erledigt werden könne. Mit meiner Liebsten berate ich, was zu tun ist … Entlassung auf eigenes Risiko? Die Doppler-Untersuchung wäre ja schon ganz schön, ambulant gibt es da lange Wartelisten … aber deshalb noch eine weitere Nacht auf der Urologie?

Gegen 14:00 Uhr erscheint der Stationsarzt Dr. Brucker. Dem erzähle ich meine Leidensgeschichte und er versteht, dass da etwas völlig falsch gelaufen ist. Ihm ist es nicht anzulasten aber er ist erst diesen Tag wieder da, kennt mich noch nicht und hatte das mit dem Langzeit EKG gesehen und deshalb meine Untersuchung erst für den nächsten Tag eingeplant. Spontan disponiert er um, nimmt mich mit rüber direkt zur Untersuchung. Beim Abholen meiner Krankenakte im Arztzimmer der urologischen Station hört man ihn darüber schimpfen, wie mit mir umgegangen worden sei. Auch der Pfleger lässt sich zu einer ähnlichen Bemerkung hinreißen.

Die Doppler-Untersuchung offenbart leicht beschichtete Arterien – wohl eine Folge des hohen Cholesterin-Werts und der Raucherei in der Jugend – aber nichts Bedrohliches. Ich muss noch auf das Entlassungsschreiben warten und dann werde ich entlassen. Ach ja, einen Blick werfe ich noch durch die offene Tür des Schwesternzimmers auf die Belegungsliste. Der Harley-Davidson-Koffer-Mann ist immer noch solo untergebracht. Von wegen Bettenmangel. Privatpatient!

Gladiatorenkämpfe

1000 – Wer ist die Nummer 1?
Eine neue Show-Idee oder ein gigantischer Flop?

Das ZDF hat gemeinsam mit BBC ein Riesending auf die Füße gestellt. Vorab lauten die Ankündigungen: „Die neue Eventshow“ oder „Dabei geht es nicht einfach nur um Wissen, Geschicklichkeit, Cleverness oder körperliche Fitness, sondern um immer wieder neue Kombinationen von Fähigkeiten.“.
Produziert wird das Ganze von der BBC Tochter TowerProductions.

In sechs Städten fanden im Februar die Castings statt: getestet wurde Allgemeinwissen und generelle Kameratauglichkeit. Aus geschätzten 5.000 Bewerbern wurden die Kandidaten für die Show gefiltert. Die Kriterien blieben letztlich unklar. Ein Fragebogen mit 20 Multiple-Choice-Fragen und eine 30sekündige Vorstellung vor allen Mitbewerbern und einer fünfköpfigen Jury – dabei fielen etwa 20% durch und der Rest durfte eine kurze und prägnante Kampfansage frontal in die Kamera sprechen.

Schon kurz nach den Castings bekamen die Kandidaten ihre schriftliche Zusage. Und die Teilnahmebedingungen. War bei den Castings und vorab lediglich erwähnt worden, dass es auch um sportliche Fitness gehen würde, so wurde jetzt deutlich, dass für die 1000 Kandidaten in einer ersten Ausscheidungsrunde nur diese eine Fähigkeit gefragt sein würde: ein knapp eineinhalb Kilometer langer Hindernis-Parcours würde zu durchlaufen sein und nur die 500 besten Läuferinnen und Läufer wären als Kandidaten dabei – die 500 Verlierer des Laufes würden als Studiopublikum herhalten.

Der Drehort wurde bis zuletzt geheim gehalten, und die Kandidaten mussten sich zu absoluter Verschwiegenheit verpflichten was ihre Teilnahme betraf. An dem sonnigen Samstag Mitte April wurden die Teilnehmer aus ganz Deutschland in Bussen herangekarrt und auf dem Gelände am Rande des Flughafens BER ausgeladen. Dort waren in drei Hangars die notwendigen Räumlichkeiten eingerichtet.

Das ZDF hatte in einer der Hallen das Studio aufgebaut mit großer Bühne, Platz für die 1.000 Kandidaten, die nach und nach zu Zuschauern werden würden. Technik vom Allerfeinsten war aufgeboten und auch das technische Personal war von Studio Berlin des ZDF bereitgestellt. Die Kandidatenbetreuung, das Catering und die technische Betreuung der Spiele waren an Fremdfirmen vergeben worden. Schnell offenbarte sich, dass diese Firmen total überfordert waren, personell unterbesetzt und miserabel organisiert.

In mehreren Schlangen – teils zwei-, teils bis zu achtspurig, mussten die Ankömmlinge ungefähr zwei Stunden anstehen, um ihre Startnummern, Gutscheine für Mittagessen und ein Verpflegungspaket zu bekommen. Es dauerte über eine Stunde, bis sich das Chaos in den Warteschlangen so eskaliert hatte, dass schließlich die gestressten Mitarbeiter die Nerven verloren und versuchten, sich Gehör zu verschaffen. Keine Chance, in der riesigen Halle mit ein paar hundert murmelnden Leuten, ohne Verstärkung durchzudringen. Fast eine weitere halbe Stunde verging, bis jemand auf die Idee kam, es mit einem Megaphon zu versuchen. Der Mitarbeiter stellte sich auf einen Tisch und gab statt klarer Anweisungen – die auch an seine Kollegen erforderlich gewesen wären – Beschwichtigungserklärungen ab. „Es ist doch alles so toll hier, bitte habt etwas Geduld!“.

Im Bus waren auf der Anfahrt Handouts mit Anmerkungen zum Ablauf verteilt worden, welche sich ganz gut lasen … von persönlicher Betreuung war zu lesen bis hin zu Monitoren, auf denen Informationen zum Ablauf und Zeitpläne angezeigt werden sollten. In den Hallen war von den Bildschirmen dann keine Spur, und die persönliche Betreuung stellte sich rasch so heraus, dass es für jeweils 200 Teilnehmer einen Ansprechpartner gab.

Nachfragen nach „Wann geht es denn nun mal weiter bzw. los?“ wurden mit Achselzucken beantwortet. Waren die ersten Kandidaten mit den Bussen zwischen zwölf und dreizehn Uhr eingetroffen, so trafen die letzten gegen 14:30 Uhr ein … und entsprechend hatte sich die letzte Warteschlange erst kurz nach 16:00 Uhr aufgelöst.

Die Halle mit den Wartenden – im Übrigen ungeheizt – wurde von ein paar TV Teams durchquert, die sich einige – vorzugsweise ältere – Teilnehmer zu kurzen Interviews herauspickten. Nur sehr wenige waren übrigens älter als 60. Das durchschnittliche Alter lag deutlich unter 40. Aber ganz junge Leute (unter 30) waren ebenfalls wenige zu sehen. Und ebenfalls auffällig war der sehr niedrige Frauenanteil – schätzungsweise maximal 20%. Das war im Bus auch schon aufgefallen: von den 26 Menschen, die in Bremen einstiegen, waren drei weiblichen Geschlechts, vier waren älter als 50 und nur einer unter 30.

In einer zweiten – beheizten – Halle waren dann die „Umkleidekabinen“. Fünf an der Zahl also eine für jeweils 200 Leute. Das waren mit einfachen Trennwänden abgegrenzte Bereiche in denen sich ein paar Bänke und wenige Kleiderständer befanden. Die sanitären Anlagen waren knapp aber doch ausreichend. Duschen suchte man allerdings vergeblich. In dieser Halle war auch das Catering aufgebaut. Zu trinken gab es reichlich Wasser in kleinen 0,2 Liter Wegwerfflaschen aus Plastik. Stilles Wasser. Guten Kaffee und heißes Wasser mit einer reichlichen Auswahl Teebeutel. Einen Tisch mit Bananen, für alle genug. Für jeden Teilnehmer eine warme Mahlzeit. Hier wurden die Vegetarier schlicht vergessen. Und im Teilnehmerbeutel, den jeder mit aufgedruckter Startnummer bekam, waren eine BiFi Wurst, ein Duplo, ein Müsliriegel, ein Hanuta sowie ein Apfel und ein Stück Traubenzucker. Für den Abend wurde ein weiterer Imbiss versprochen und ein Coupon für ein Lunchpaket war auch noch im Beutel.

Erst wurde gesagt, dass man persönliche Dinge während der Aufzeichnung in den Umkleideräumen lassen könne, dann wurde wieder gesagt, dass das nicht möglich sei und man alles außer dem Teilnehmerbeutel in den bewachten Bereich mit dem Gepäck und den Wertsachen bringen müsse. Dort waren lediglich drei bis fünf Leute beschäftigt, was erneut zu langen Warteschlangen führte.

In der Halle mit den Umkleiden bildete sich eine weitere Warteschlange. Alle, die fertig zum Laufen umgezogen waren, stellten sich dort an. Die Kleidung wurde auf unerlaubte Werbung kontrolliert und ggf. überklebt. Auch die Klamotten für die Show im Studio, die sich im Beutel befanden, wurden daraufhin durchgesehen. Nach einiger Zeit kam jemand vorbei, der die Prozedur bereits hinter sich hatte und erzählte einigen in der Schlange, diese Prozedur sei keine Pflicht. Noch mal zwanzig Minuten später hatte sich die Schlange völlig aufgelöst. Auf Nachfrage hieß es, die junge Frau, die die Kontrollen durchgeführt hatte, sei einfach weggegangen.

Auf die Nachfrage, warum das denn alles so schlecht organisiert sei, bekam man keine Antwort aber von den Beschäftigten durchaus eine Bestätigung. Unter den Teilnehmern – viele hatten schon mehrere Sportveranstaltungen mitgemacht oder sogar selbst organisiert – war die einhellige Meinung, die Organisation sei mit Noten überhaupt nicht zu bewerten, so grottenschlecht sei sie. Auf die Frage an einen der Organisatoren, warum man beispielsweise die Beutel mit den Startnummern nicht vorab an die Teilnehmer verschickt habe, sagte dieser, es hätten in den letzten Tagen an die dreihundert Leute kurzfristig abgesagt und dies hätte man nicht bewältigen können.

Viele Teilnehmer nutzen dann die lange Wartezeit, um sich ordentlich aufzuwärmen und machten Gymnastik, kleine Dehnübungen und Läufe. Gegen dreiviertelfünf sollten sich alle in die Umkleidezonen begeben. Dort wurde das weitere Verfahren mitgeteilt: um Fünf sollten sich alle ins Studio begeben, da erhalte man weitere Instruktionen, mache gemeinsam eine Feueralarmübung und dann ginge es an den Start. Dann gab es den Hinweis, dass Brillenträger ihre Brille auf dem Parcours mit Sicherheit verlieren würden, wenn sie denn kein Sport-Bändsel dran hätten. Viele Leute verstauten – nicht ohne zu murren – ihre Brillen im Teilnehmerbeutel.

Kurz vor Fünf war es dann so weit. Die Showbühne war in der dritten Halle aufgebaut. Riesengroß und der Zuschauerbereich logischerweise mit Platz für 1.000 Leute. Nach der kurzen Einweisung mit der Erklärung, dass die 500 Gewinner des Laufs anschließend in der Mitte sitzen würden und jeweils 250 Verlierer rechts und links der Bühne, wurde ein wenig Applaudieren geübt und die Feueralarmübung abgehalten.

Draußen war es relativ kühl, maximal 12° und die Sonne schaute nur ab und zu kurz durch die Wolken. Auf dem Weg zur Startlinie erleichterten sich einige Herren noch mal schnell am Rand des Platzes, was bei den Damen für reichlich Unmut sorgte.

Jeder Teilnehmer hatte eine Farbe für die Umkleidekabine bekommen. Zusätzlich wurde eine zweite Farbe für die Startposition zugelost. Warum dies nötig war, konnte niemand beantworten. Fünf Startlinien waren etwa dreißig Zentimeter hintereinander über die komplette Breite des Platzes angebracht, dies beinhaltete einen etwa fünfundzwanzig Meter breiten asphaltierten Runway und rechts davon eine mit leichtem Schotter bedeckte Fläche etwa doppelt so breit. Der Runway führte gerade auf einen zehn Meter breiten Durchlass zu hinter dem sich die Laufbahn wieder verbreiterte und in ca. 200 m Entfernung vom Start befand sich das erste Hindernis – eine Barriere aus Strohballen. Dahinter sprühten zwei Schaumkanonen jede Menge weißen Schaum auf die Strecke. In einiger Entfernung war eine doppelt so hohe zweistufige weitere Strohmauer zu erkennen und wiederum dahinter war eine große Mauer zu erahnen.

Alle Teilnehmer nahmen ihre Startplätze ein. Die meisten in der geraden Linie auf dem Asphalt und einige wenige an der Seite auf dem Schotter, wo zwar der Weg zum ersten Hindernis etwas weiter war aber dafür deutlich weniger Gedrängel. Es wurde gemutmaßt, dass das Rennen wohl um 17:30 beginnen werde. Doch daraus wurde erst mal nichts. Zuerst fuhr Johannes B. zusammen mit seiner Co-Moderatorin Kate Abdo „die Front ab“ – und zwar in einem Elektrofahrzeug, wie man es vom Golfplatz kennt. Hier und dort wurde zu einem kurzen Talk angehalten. Johannes B. ließ sich mit Blick auf Kate zu dem lockeren Spruch hinreißen „Die bekommt Ihr aber nicht“.

Dann wurde es zunehmend unruhig. Offensichtlich hatten einige Frauen deutlich gemacht, dass sie noch ein dringendes Bedürfnis hätten und so erhielten alle noch einmal die Möglichkeit, sich zu erleichtern. Diejenigen, die nicht in die gekachelten Räume unterwegs waren, wurden gebeten, sich auf der Asphaltpiste rund um das Moderatorenpaar zu gruppieren und dort einen Kreis von etwa zehn Meter Durchmesser zu bilden. Jetzt war man näher an den Hindernissen dran und konnte die Frage auf dem ersten großen erkennen: „Welche Erfindung wurde im 20. Jahrhundert gemacht?“ Die Antworten waren Symbole und für Brillenträger, die ihre Sehhilfen vorschriftsgemäß abgelegt hatten, ohne Sehhilfe aus der Entfernung nicht zu erkennen. Aber offensichtlich war die Regel so, dass eine Antwort richtig und zwei falsch sein würden und abhängig davon, welches der drei Tore man wählte, wären die folgenden Hindernisse wohl leichter oder schwerer zu überqueren.

Nun dauerte die Warterei am Start bereits eine Dreiviertelstunde. Die Aufwärmübungen in der Halle waren angesichts der kühlen Witterung draußen und dem untätigen Herumstehen für die Katz gewesen. Eine Drohne würde den kreisförmigen Pulk der Teilnehmer überfliegen und dabei filmen und man solle ihr begeistert zuwinken und dabei jubeln. Erst musste die Menge in bzw. näher an die Kreisform gebracht werden und dann musste das wohl zweimal aufgenommen werden. Dann mussten die Moderatoren für einen Take auf etwas Sonnenlicht waren und erst danach durften die Teilnehmer wieder zurück an den Start. Mittlerweile war es 18:30 geworden. Kurz bevor es losging, kam eine Mitarbeiterin vorbei und verteilte Brillenbändsel an diejenigen, die der Anweisung getrotzt hatten und doch ihre Brille auf der Nase hatten. Unglaublich: warum konnte man die Dinger nicht vorher an alle austeilen? Ein klarer Nachteil für alle, die ohne Sehhilfe am Start waren.

Dann erfolgt plötzlich und ohne deutlich vernehmbare Ankündigung der Start. Während sich am rechten Rand auf dem Schotter das Teilnehmerfeld problemlos in Bewegung setzt, kommt es im Pulk auf dem Asphalt erwartungsgemäß zu Stürzen und ersten Verletzungen. Das erste Hindernis, die Strohballen, sind recht wackelig. Man kann zwar drauf- und wieder herunterspringen aber sie wackeln dabei bedenklich und einige Teilnehmer kommen auch hier zum Sturz. Nachfolgende trampeln einfach über sie weg. Der Schaum hinter der ersten Barriere einfach nur nass und kein wirkliches Hindernis. Nur die in den Schaum gestürzten Teilnehmer werden – unsichtbar wie sie sind – zu einem solchen. Die nächste Strohballenbarriere: in zwei Stufen rauf und dann in zwei wieder runter. Und dann – auf Kunstrasen – unter einem 50 cm hohen Netz hindurchrobben. Danach ein kurzes Stück laufen. Dann wieder robben. Dann kommt an der großen Mauer die erste Frage: Kugelschreiber, Rolltreppe oder Schreibmaschine. Was wurde im 20. Jahrhundert erfunden? Der Kuli wäre richtig gewesen und alle, die ihn gewählt haben, können einfach weiterlaufen während die Entscheidung für Rolltreppe oder Schreibmaschine weitere unangenehme Hindernisse in den Weg stellt. Es folgen weitere Strecken, die für alle zu durchlaufen sind und zwei weitere Hindernisse, bei denen die, die wissen, dass Petersilie pro g mehr Vitamin C enthält als Brombeere oder Apfel oder dass Bruce Willis nicht in England oder Australien geboren wurde sondern in Deutschland, weiterlaufen können und alle anderen sich erneut über und unter Hindernissen durchquälen müssen. Danach sind noch etwa dreihundert Meter Laufstrecke zu bewältigen und dann ist das Ziel schon zu sehen. Und eine Anzeige, auf der die Zahl zu sehen ist, wie viele Teilnehmer schon durch sind.

Bei 500 bleibt die Anzeige stehen und die Tore werden geschlossen. Dies geschieht – was die Anzeige angeht – automatisch und die Tore betreffend von Hand. So dass etwas mehr als 500 Teilnehmer durch die gerade noch offenen Tore kommen. Was später zu erheblichen Differenzen führen wird.

Einer der Teilnehmer hat sich offensichtlich übernommen und bricht am Ziel zusammen. Mehrere Kandidaten, die nahe bei ihm stehen, rufen laut und deutlich nach Sanitätern. Es war ja zugesagt worden, dass die komplette Strecke ausreichend mit medizinischem Personal abgesichert sei. Aber ausgerechnet hier, am Zieleinlauf, befindet sich kein Helfer. Es dauert geschlagene vier Minuten und viele weitere entsetzte Hilferufe, bis endlich jemand da ist. Teilnehmer hatten mittlerweile erste Hilfe geleistet und den Sanitätern und Notärzten gelang es schließlich, den Betroffenen mit Hilfe von Herzmassage und Defillibratoren zurück ins Leben zu holen. Aufgeregte Mitglieder des Produktionsteams, die mit betretenen Gesichtern herumlaufen, lassen nichts Gutes ahnen.

Der geplante Ablauf „500 Verlierer ins Studio und 500 Gewinner zur technischen Ausrüstung mit der Spieltechnik“ wird geändert. Alle Teilnehmer – Gewinner und Verlierer – werden zum Umziehen in ihre farblich gekennzeichneten Bereiche geschickt. Das sind Minuten, in denen jeder sich fragt, wie es dem Zusammengebrochenen mittlerweile geht. Sehr viele Teilnehmer haben einen trockenen Husten. Die kalte Luft, in der man über eine Stunde auf den Start gewartet hatte und dann der volle Leistungseinsatz waren sicherlich ein Grund. Möglicherweise wurde auch Strohstaub oder Schaum eingeatmet … oder beides.

Dann werden alle gemeinsam ins Studio geleitet. Die, die sich für Gewinner halten, werden in die Mitte platziert, die anderen an die beiden Seiten. Schnell wird deutlich, dass mehr als 500 sich zu den erstgenannten zählen, denn nicht alle „Gewinner“ bekommen einen Sitzplatz.

Es erscheint Johannes B. – noch deutlich betroffen – und berichtet, dass es dem verunglückten Kollegen wieder besser gehe, dass das Produktionsteam einen kompletten Abbruch erwogen hätte und dass es nicht sein könne, dass man hier fröhlich eine Show aufzeichne, wenn es einem Teilnehmer doch sichtbar schlecht ergangen sei. Auch berichtet er über Klagen, die einige wegen unsportlichen Rempeleien vorgebracht hätten aber diese haben keine – jedenfalls keine für die Teilnehmer wahrnehmbaren – Folgen. Die in den Teilnahmebedingungen beschriebene Klausel, unfaires Verhalten führe zur Disqualifikation, kommt offensichtlich nicht zur Anwendung.

Jetzt müssen die ersten 500 ihre technische Ausrüstung für den weiteren Verlauf bekommen und dazu werden die Startnummern vorgelesen, die der Computer am Ziel erfasst hat. Das ist mühsam und langwierig. Zumal einer der Veranstalter einen dieser Zettel ein zweites Mal vorliest. Trotzdem bleiben etwas mehr als zwanzig Leute sitzen, die sich für Sieger halten und deren Nummer nicht aufgerufen worden war. Viel Zeit vergeht, bis ihnen klar gemacht werden kann, dass sie zwar durch die offenen Tore gekommen sind, aber eben nicht unter den ersten 500. Hier fragt sich, warum man hat die Tore überhaupt schließen müssen. Über die Transponder, die jeder am Schuh hatte, ist die Durchlaufzeit eindeutig feststellbar gewesen. Und auch am Start hätte man sich das Chaos ersparen können, wenn die Uhr bei jedem Einzelnen beim Überlaufen der Startlinie gestartet worden wäre und nicht für alle gemeinsam bei einem schwer zu hörenden Kommando.

Erwartungsgemäß dauert es fast eine Stunde, bis alle 500 „Gewinner“ mit den technischen Hilfsmitteln ausgerüstet sind. Der „Einmarsch der Gladiatoren“ muss freilich aufgezeichnet werden und das dauert entsprechend länger. Bei einem Blick auf diejenigen, die jetzt ein Abstimmungsgerät und ein leuchtendes Armband tragen, wird schnell deutlich, dass das Auswahlverfahren nur nach der Laufzeit ohne Berücksichtigung von Altersklassen oder Geschlecht, ein nicht gerade repräsentatives Ergebnis hervorgebracht hat. Gerade mal zwanzig Frauen haben es geschafft (4 %) und von den älteren Teilnehmern ist nicht ein einziger dabei.

Es folgt die zweite Runde – die erste im Studio – und es geht um „Intelligenz“. Zehn Fragen sind zu beantworten. Für ein echtes Auswahlverfahren bleiben die Fragen sehr lange zur Beantwortung stehen. Auf Grund einer technischen Panne mit dem Abstimmungsgerät eines Teilnehmers bleibt die dritte Frage sogar etwa fünf Minuten offen. Da einige bereits vor der Panne ihre Antwort abgegeben hatten, wird sogar die Antwort komplett zurückgesetzt und alle dürfen neu antworten. Eine Ersatzfrage stand wohl nicht zur Verfügung – mit einem technischen Defekt war wohl nicht zu rechnen?

Nach Abschluss der Runde wird bekannt gegeben, dass nur ein Einziger alle zehn Fragen korrekt beantwortet hat und aus der Zahl der richtig beantworteten und der Zeit, die für die Eingabe benötigt wurde, werden die besten 250 Kandidaten ermittelt und damit wird das Feld der Teilnehmer wiederum halbiert. Es folgt Runde drei unter dem Motto „Aufmerksamkeit“. Bevor es losgeht, stellt die Regie fest, dass nach der zweiten Runde zwei Kandidaten zu viel ausgewählt worden sind. Sichtlich genervt „Wie kann den das sein?“ wendet sich Johannes B. ab und kommuniziert für alle unhörbar mit dem Regisseur. Der Fehler wird gefunden und es kann weitergehen.

Ein Ensemble aus der Ukraine performt einen Tanz, bei dem die Kostüme der Mitglieder mit leuchtenden Elementen versehen ist und bei annähernder Dunkelheit wird so mit wechselnden Lichteffekten eine kleine poetische Geschichte erzählt. Anschließend müssen die verbleibenden Kandidaten Fragen beantworten wie „Welche Farbe hatten die Schnürsenkel des Mannes?“ oder „Wie viele Arme hatte der Krake?“. Mit der Auswahl derer, die das korrekt oder schnell genug beantworten konnten, wird der Kreis der Kandidaten von 250 auf 100 eingedampft.

Es folgt eine längere Umbaupause, in der auf der Bühne 100 Stelen (jede ist ca. 50 cm hoch) aufgebaut werden. Das Motto der vierten Runde ist „Balance“. Es geht darum, auf einer 10 * 10 cm großen Platte auf der Stele einbeinig zu balancieren. Die verbleibenden Kandidaten müssen so lange darauf ausharren, bis nur noch 50 stehen. Zu diesem Zeitpunkt sind übrigens nur noch drei Frauen unter den 100 Kandidaten. Alle drei meistern dieses Spiel perfekt. Aber einige Männer bleiben stehen, obwohl das Licht bei ihnen schon mal ausgegangen ist: ein Zeichen dafür, dass sie mit dem freien Fuß dem Standbein zu nahe gekommen sind. Die Computertechnik, die den Zustand der Stelen überprüft, beendet diese Spielrunde automatisch, als sie registriert, dass nur noch fünfzig Kandidaten stehen geblieben sind.

In der fünften Runde soll der Tastsinn geprüft werden. Für die verbleibenden fünfzig Kandidaten sind auf den Stelen Kästen montiert worden, in denen sie Münzen ertasten und deren Gesamtwert feststellen sollen. Bevor dieses Spiel beginnen kann, reklamieren mehr als die fünfzig automatisch festgestellten Teilnehmer ihre Standfestigkeit beim Balancieren auf den Stelen. Dies führt zu einer fast zweistündigen Unterbrechung in der versucht wird, die Sachlage zu klären. Den Kandidaten und den anwesenden bereits ausgeschiedenen Teilnehmern wird nicht deutlich, was sich hinter den Kulissen abspielt. Letztlich entscheidet der Notar, dass die zwölf Teilnehmer, die für sich reklamieren, mindestens genauso standfest gewesen zu sein wie die fünfzig, die die Computertechnik festgestellt hatte, bekommen ebenfalls die Chance für das Ertasten der Münzen. Immer wieder wird diskutiert und die Kandidaten (und Zuschauer) werden mehrfach vertröstet aber es dauert und dauert … und es wird hinter den Kulissen entschieden, dass nicht weiter auf die Computertechnik vertraut wird. Zitat Johannes B.: „Machen wir das ab jetzt mit Zettel und Bleistift. Das hat ja früher auch funktioniert!“

Nur zehn Spieler haben die exakte Summe erfühlt. Die restlichen fünfzehn, die im Spiel bleiben, werden danach ermittelt, wie weit oder nah sie an diesem Wert lagen. Es folgt ein Show-Act mit Sarah Conner. Die singt jetzt deutsch. Na gut, wenn’s denn sein muss …

Endlich gibt es auch den versprochenen Imbiss. Das Publikum hatte zuvor schon Gesänge angestimmt „Wir haben Hunger, Hunger, Hunger …“. Zwar sind die insgesamt 100 Pizzen sehr schnell vergriffen aber von den drei Sorten Würstchen mit Brot und Senf sind reichlich bemessene Vorräte da, so dass jeder seinen Hunger stillen kann. Fast jeder, denn wieder wurde nicht an die Vegetarier gedacht.

Die verbleibenden 25 Kandidaten – jetzt ist nur noch eine Frau dabei – müssen in der sechsten Aufgabe acht Bausteine mit unterschiedlichen Formen in einen Baukasten zusammensetzen. Die fünf schnellsten kommen weiter. Johannes B. kündigt an, dass dies schon das Viertelfinale sei. Ursprünglich war ja die Show mit zehn Runden angekündigt und geplant, aber da es mittlerweile bereits nach 02:00 Uhr früh ist, hat man sich wohl für das Streichen zweier Aufgaben entschieden. Kurz wird das auch deutlich, als an der Wand das Thema „Risiko“ für die nächste Aufgabe angezeigt wird, aber dann ist es doch „Geschicklichkeit“.

Eine weitere Showeinlage wird von dem Zauberkünstler präsentiert, der sehr geschickt und verblüffend seine Tricks mit dem iPad vorführen kann. Wie er das wohl macht?

Dann werden die verbleibenden fünf Kandidaten an ihre Tische geführt und Kate erklärt die Regeln. Das heißt, sie liest sie von einem Teleprompter ab, aber da die Kollegen in der Redaktion verpennt hatten, dass die Computertechnik abgeschaltet bleibt und Kate den ursprünglich vorgesehenen Regeltext vorgelegt hatten, folgt eine neuerliche Verzögerung, die neuen Regeln werden von Johannes B. festgelegt, der Text für den Teleprompter wird umgeschrieben und die Ansage wird erneut aufgezeichnet.

Danach werden die fünf Kandidaten kurz persönlich vorgestellt, die den Baukasten in Spiel sechs am schnellsten zusammengebaut hatten. Zwei Berliner, ein Schwabe von der Alb, ein Münchner und ein Augsburger. Alle Ende zwanzig bis Mitte dreißig. Die Aufgabe: ein „Kartenhaus“ aus 13 Bierdeckeln bauen, das auch noch stabil stehen bleibt nachdem der Kandidat den Tisch verlassen hat. Erst tun sich alle ziemlich schwer, dann kommen sie nacheinander auf den Kniff, in welcher Reihenfolge man die 15 vorhandenen Deckel einsetzen muss. Sieger wird der Berliner Mathematiker, der auch schon beim Baukastenspiel der Schnellste gewesen war. Es dauert lange, bis einer der anderen vier ein stabiles Gebilde konstruiert hat. Immer wieder sieht es ganz gut aus und dann fällt das doch wieder um. Schließlich schafft es der Schwabe.

Es folgt das Finale. Wieder geht es um Geschicklichkeit. Auf einem Podium auf einem Tisch stehen 19 Sektgläser. Abwechselnd müssen die beiden Finalisten jeweils ein Glas nehmen und mindestens eine Ebene höher stellen. Der, bei dem der Turm einstürzt, verliert. Der Berliner geht schnell aufs Ganze und baut steil nach oben. Bis Ebene acht kann der Schwabe mithalten aber auf das Glas, das der Berliner in die neunte Etage gestellt hat, kann er nichts mehr draufpacken.

Schnell wird nun – es ist fast 04:00 früh geworden – die Siegerehrung aufgezeichnet.

Und dann geht es in die Halle, in der alle angekommen waren. Jetzt bilden sich Grüppchen, die gemeinsam mit einem Bus angereist waren und jetzt auf ihren Bus warten mussten. Wieder war das schlecht organisiert. Die Busse konnten nur hintereinander auf das Gelände fahren und es war neben der Halle auch nur Platz für drei Busse und die Warterei nahm erneut kein Ende. Die versprochenen Snacks für die Rückfahrt waren nicht da. Immerhin gab es reichlich Freibier – mit und ohne Alkohol und diesmal auch in Pfandflaschen.

Die letzten Busse fuhren erst nach 05:00 Uhr ab.

 

Fazit:

Die Show ist mit ihrem Konzept und der konkreten Umsetzung zwar nicht so menschenverachtend wie „Takeshi Castle“ aus Japan. Sie kommt aber stark in die Nähe davon. Die gnadenlose Auswahl der Stärksten und Sportlichsten im ersten Wettbewerb – unabhängig von leistungsbeeinflussenden Faktoren wie Alter und Geschlecht – ist nur auf Jugend getrimmt und für alle anderen mithin diskriminierend. Viele Teilnehmer fühlten sich nach dem Wettbewerb nicht als unterlegene Kandidaten sondern als Opfer.

Die Aufgaben mit kognitivem Hintergrund waren viel zu leicht und die Zeit, die jeweils zur Beantwortung blieb, stand in keinem Verhältnis zu dem Zeitdruck, unter dem die erste Fitness-Ausscheidung stattfand.

Soziale Kompetenz wurde in den dargebotenen acht Aufgaben überhaupt nicht getestet. Interessant wäre zu wissen, welche beiden Aufgaben dem Zeitdruck zum Opfer fielen und von der Produktion im Laufe des Abends gestrichen worden sind.

Der Versuch, eine geeignete Nachfolge für das Format „Wetten das?“ gefunden zu haben, muss als gescheitert betrachtet werden. Wieder hat eine Show dazu geführt, dass ein Teilnehmer Schäden erlitten hat.

Speziell der erste Wettkampf hat das billigend in Kauf genommen. Eine solche „Show“ erinnert doch sehr an Gladiatorenkämpfe. Dies kann nicht im Selbstverständnis eines öffentlich rechtlichen Fernsehsenders liegen.

Die Verbindung zum Drehort BER bleibt fragwürdig. Wurde auf Kosten der Gebührenzahler ein Versuch unternommen, das schlechte Image des Flughafens aufzupolieren?